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Fragen und Antworten zum Heidelberger Wald

2022-05-06

1. Ist der Heidelberger Stadtwald ein Erholungs- oder ein Nutzwald?

(Naherholung auf dem Kohlhof / Bild: B. Brückmann)

Die Antwort lautet: beides! Oft wird behauptet, im Heidelberger Stadtwald spiele der Gewinn aus der Holzernte die wichtigste Rolle. Das stimmt jedoch nicht. Die Funktionen „Erholungswald“ und „Naturschutz“ stehen an erster Stelle, erst danach kommt die Bewirtschaftung des Waldes. Und die erfolgt nicht mit Gewinnabsichten, sondern dient der naturverträglichen Pflege des Waldes. Die Priorisierung der Funktionen wurde vor fast 30 Jahren so vom Gemeinderat beschlossen und ist seitdem die Leitlinie für die Bewirtschaftung und Pflege des Waldes.

Eine Waldwirtschaft, wie der Heidelberger Forst sie praktiziert, ist übrigens in unserem Land keine Selbstverständlichkeit, sondern noch die Ausnahme. In den meisten anderen Forstrevieren Baden-Württembergs stehen tatsächlich Wirtschaftlichkeit und Gewinnerzielung an erster Stelle.

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2. Wird der Wald durch Baumfällungen nicht zu stark aufgelichtet?

(Geschlagenes Holz / Bild: E. Lukas)

Nein, denn im Heidelberger Stadtwald finden seit 30 Jahren keine Kahlschläge mehr statt. Die einzelnen Waldreviere werden etwa alle 10 Jahre durchforstet. Dabei werden mit bodenschonenden Methoden gezielt einzelne Bäume entnommen. Bäume konkurrieren im Wald um Licht und Wasser. Die Durchforstung soll den Baumbestand und seine Artenvielfalt stabilisieren und insbesondere Arten fördern, die mit Trockenheit besser zurecht kommen (u.a. Eichen, Elsbeere und Spitzahorn). Größere „Löcher“ gibt es im Heidelberger Stadtwald nicht, es sei denn, es liegt ein lokaler Befall mit dem Borkenkäfer vor, der aufgrund des Klimawandels inzwischen mehrere Generationen pro Jahr erzeugen kann. Solche Einschlagsflächen werden in der Regel der so genannten Naturverjüngung überlassen, d. h. sie bewalden sich von alleine wieder. Nur in Einzelfällen sind gezielte Bepflanzungen erforderlich.

Der Holzeinschlag wird durch die so genannte Forsteinrichtung geregelt. Sie sieht u. a. vor, wie viel Holz bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung jährlich maximal entnommen werden darf. In Heidelberg wird weniger Holzmenge entnommen, als jährlich nachwächst.

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3. Wie gut ist das FSC-Siegel?

Bild: Brigitte Heinz

Das FSC-Siegel (FSC® Deutschland) nennt klare Kriterien für eine Waldbewirtschaftung, die naturnah ist und die Biodiversität fördert. (Hinweis: Das gilt nicht für das internationale FSC-Siegel oder FSC-Mix-Siegel!) Die Einhaltung der Vorgaben wird regelmäßig und unabhängig überprüft und dokumentiert. Bei diesen Audits sind auch die großen Umweltverbände dabei. Der Heidelberger Stadtwald ist übrigens schon seit 2004 FSC-zertifiziert, also seit 17 Jahren; bereits 2001 erhielt der Wald das PEFC®-Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft. 2015 erhielt Heidelberg als erste Stadt in Deutschland außerdem das PEFC-Zertifikat „Erholungswald“ für die hohe Naherholungsqualität seines gesamten Waldes.

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4. Warum stehen im Stadtwald so wenige uralte Bäume?

(Alte Bäume / B. Heinz)

Vielleicht heute kaum noch vorstellbar, aber bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren Heidelberg und seine nähere Umgebung weitgehend waldfrei! Deshalb gibt es hier auch keine Eichen und Buchen, die 200 Jahre und älter sind. Erst vor 160 Jahren begann die zielgerichtete Wiederbewaldung der Berge rund um Heidelberg. Durch die naturnahe Beforstung der letzten drei Jahrzehnte hat das Bestandsalter im Stadtwald kontinuierlich zugenommen. Von den ältesten Bäumen und von Habitatbaumgruppen – wichtigen Lebensräumen für bestimmte Tierarten – liegen die Wege durch den Wald meist einigermaßen weit entfernt, denn es soll vermieden werden, dass genau diese Bäume aus Gründen der Wegesicherung beschnitten oder gefällt werden müssen. Von Wegen aus sind diese Bäume deshalb meist nicht zu sehen.

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5. Was tut das Forstamt für Artenschutz und Artenvielfalt?

(Fledermaus / Bild: Brigitte Heinz)

Seit 1992 hängen im Stadtwald über 250 Fledermauskästen, die einmal jährlich vom BUND gemeinsam mit Mitarbeitern des Forstamtes kontrolliert und gereinigt werden. Bisher konnten in den Kästen 10 Fledermausarten nachgewiesen werden, unter anderen die seltene Bechsteinfledermaus. Ihr Nachweis hat letztlich dazu beigetragen, dass der Stadtwald südlich des Neckars als FFH-Gebiet ausgewiesen wurde. Die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie legt europaweit den Schutz gefährdeter Lebensräume sowie wildlebendender Tier- und Pflanzenarten fest. Auch diese Auszeichnung ist ein Gütezeichen für unseren Stadtwald!

Um die Bewirtschaftung des Stadtwaldes noch gezielter an die Bedürfnisse der Waldfledermäuse und speziell der Bechsteinfledermaus anzupassen, hat sich das Forstamt bei der Erstellung der Forsteinrichtung für die nächsten 10 Jahre mit Experten vom BUND und der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg beraten.

Ein weiterer wichtiger Beitrag zu mehr Artenvielfalt ist außerdem die Anlage von Amphibiengewässern und das Freihalten der Wiesentäler. Diese Landschaftselemente nicht-natürlichen Ursprungs sind ausgesprochen wertvoll und schützenswert und bedürfen der Pflege. Bäume mit Specht- und Stammhöhlen dürfen ohnehin nicht gefällt werden. Der FSC sieht außerdem die Ausweisung von Habitatbäumen und Habitatbaumgruppen vor. Im Heidelberger Stadtwald wurden bisher insgesamt ca. 270 Habitatbaumgruppen ausgewiesen und per GPS verortet. Die Bäume stehen überwiegend abseits der Wege, damit es nicht zu Konflikten mit der Verkehrssicherheit kommt.

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6. Hat die Rotbuche im Klimawandel bei uns noch eine Zukunft?

(Rotbuchen / Bild: U. Sobick)

Ja, bei Buchen gibt es von allen heimischen Baumarten derzeit noch den größten Massen- und Flächenzuwachs. In manchen Waldbereichen bringt der Klimawandel diese Baumart allerdings heute schon an ihre Grenzen. Das Forstamt versucht deshalb an Standorten, an denen die Buchenbestände schon jetzt Trockenschäden aufweisen, durch gezielte Eingriffe einen guten Artenmix zu fördern. Hintergrund dieser Maßnahme: Stabile Laubmischwälder sind am besten für den Klimawandel gewappnet!

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7. Warum sollte man im Wald auf den Wegen bleiben?

(typischer breiter Waldweg auf dem Gaisberg / Bild: B. Brückmann)

Der Heidelberger Stadtwald hat ein dichtes und gut beschildertes Netz aus Haupt- und Nebenwegen. Das macht ihn für Erholungsuchende attraktiv. Auf den Wegen bleiben ist sinnvoll aus zwei Gründen:

(1) Die Wege sind so angelegt, dass man auf ihnen An- und Abstiege gut überwinden kann. Sie führen nie ganz direkt auf und ab. Wer querwaldein abseits von Wegen läuft, merkt schnell: Das ist viel anstrengender.

(2) Das Wegenetz trennt Menschen und Tiere. Wildtiere kennen die Wege und meiden sie; ihre Rückzugsräume liegen weitab davon. Das heißt im Umkehrschluss: Wer quer durch den Wald geht, läuft Gefahr, in diese Rückzugsbereiche einzudringen. Das ist für die Tiere Stress und kann für den Eindringling schnell unangenehm werden, etwa wenn er dabei eine Wildschweinrotte mit Frischlingen aufschreckt. Bleibt man auf den Wegen, ist diese Gefahr nahezu ausgeschlossen.

Was für Fußgänger gilt, gilt erst recht für Radler im Wald. In Baden-Württemberg gibt es für das Radeln im Wald die so genannte „Zwei-Meter-Regel“: gefahren werden darf eigentlich nur auf den Hauptwegen. Leider sind viele Freizeit-Biker im Heidelberger Stadtwald auf den (für sie interessanteren) Nebenwegen unterwegs. Doch die Zwei-Meter-Regel lässt sich naturschützerisch gut begründen: Die Natur, insbesondere der Wald mit seinen langsam wachsenden Bäumen, ist generell „langsam“. Sturm, Astbruch, Blitzeinschlag, herannahende Fressfeinde usw. Alles Schnelle verbinden die Waldbewohner mit Gefahr und Stress: Fußgänger lassen dem Wildtier mehr Zeit für die Flucht. Radler sind wesentlich schneller und verstärken dadurch seinen Fluchtstress.

Besonders fatale Folgen für das Waldleben haben illegal angelegte Downhill-Trassen, von denen an Gaisberg und Königstuhl immer neue entstehen. Die Trassen werden einfach „irgendwo“ angelegt, ohne Rücksichtnahme auf wichtige Rückzugsräume von Wildtieren, die man besser nicht durchführe. So wird der verfügbare Schutzraum im Wald für die Tiere immer knapper. Die Radler selber bekommen übrigens gar nicht mit, dass sie Tiere aufscheuchen, denn diese haben so feine Ohren, dass sie schon fliehen, wenn der „Feind“ noch etliche hundert Meter entfernt ist. Das hohe Tempo der unvermittelt heranrasenden Biker bringt die Tiere in noch mehr Stress. Immer häufiger wird von Rehen und Wildschweinen berichtet, die kopflos hangabwärts in die angrenzenden Siedlungsgebiete fliehen, wo sie sich nicht mehr zurecht finden und zur echten Gefahr für Menschen werden können. Weitere Probleme, die das gewollt schnelle Fahren auf den Downhill-Routen mit sich bringt: Es zerstört und erodiert empfindlichen Waldboden: Junge Bäumchen und die Krautschicht werden plattgefahren, Baumwurzeln werden so verletzt, dass Pilze schneller eindringen und die Bäume erkranken. Auch kann der plattgefahrene Boden kein Wasser mehr aufnehmen.

Mit gutem Grund ist Downhilling abseits von ausgewiesenen Strecken im Wald verboten. Er ist ein Lebensraum mit eigenen Gesetzen, der sich mit Hochgeschwindigkeitssport nur schlecht verträgt. Wir sollten seine ökologischen Bedürfnisse respektieren.

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