BUND Heidelberg
Mitglied werden Jetzt spenden
BUND Heidelberg

Appell von BUND und NABU Baden-Württemberg zur Fläche „Lammerskopf“ im Teilregionalplan Windenergie

Datum: 08.12.2023

BUND und NABU richten sich mit einem offenen Appell an die Mitglieder der Verbandsversammlung der Metropolregion Rhein-Neckar. Die Umweltschutzverbände bitten diese bei der anstehenden Abstimmung am 15. Dezember zum Teilregionalplan Windenergie gegen eine Ausweisung des Lammerskopfs bei Heidelberg als Vorrangfläche zu stimmen.

Sehr geehrtes Mitglied der Verbandsversammlung der Metropolregion Rhein-Neckar,

am 15. Dezember werden Sie über die Offenlage der Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergie zum Einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar entscheiden. Aus diesem Anlass wenden sich die Landesverbände von BUND und NABU heute an Sie. 

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass im Vorranggebiet HD/RNK-VRG02-W (s. Umweltbericht, S. 99) – vor Ort kurz „Lammerskopf“ genannt – zwischen Heidelberg-Ziegelhausen und der Stadt Schönau im Rhein-Neckar-Kreis die Errichtung von 10 bis 15 Windkraftanlagen voraussichtlich weit überwiegend in einem Natura2000-Schutzgebiet der EU (genaue Bezeichnung FFH1-Gebiet “Steinachtal und Kleiner Odenwald“) geplant ist. Das von ForstBW zur Überplanung ausgeschriebene Areal mit einer Größe von ca. 600 ha liegt in einem naturschutzfachlich besonders hochwertigen Gebiet2. Wie dem Umweltbericht (S. 101) zu entnehmen ist, hat die Höhere Naturschutzbehörde (RP Karlsruhe, Ref. 56) in einer Stellungnahme aus naturschutzfachlicher Sicht von der Festlegung als Vorranggebiet dringend abgeraten.

Dieses Vorhaben läuft somit Gefahr, an schwerwiegenden naturschutzfachlichen Hürden zu scheitern und ist in der Folge mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit für die Investoren verbunden. Gleichzeitig sind bei diesen Planungen allein aufgrund der besonderen Konfliktlage, insbesondere aber, wenn im Rahmen möglicher Klageverfahren die Rechtmäßigkeit des Vorhabens einer EU-rechtlichen Überprüfung unterzogen werden muss, erhebliche Verfahrensverzögerungen zu erwarten. Diese Verzögerungen betreffen jedoch nicht nur dieses eine Windkraftprojekt, sondern sie bremsen insgesamt die aktuell so dringend erforderliche Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie in der Metropolregion und in Baden-Württemberg. Solche klar vorhersehbaren und vermeidbaren Verzögerungen können wir uns im Kampf gegen die Klimakatastrophe jedoch nicht mehr leisten. Es müssen vielmehr zügig diejenigen Flächen für die Nutzung durch Windkraftanlagen ausgewiesen werden, die das geringste Konfliktrisiko mitbringen. Für die Regionalplanung bedeutet dies, dass FFH-Gebiete und EU-Vogelschutzgebiete (zusammengefasst im Natura2000-Schutzgebietsnetz der Europäischen Union) grundsätzlich von der Windkraftnutzung auszunehmen sind, wenn dort windkraftsensible Vogel- oder Fledermausarten zum Schutzzweck gehören oder wenn es sich um Flächen der Kategorie A oder B des „Fachbeitrages Artenschutz für die Regionalplanung Windenergie“ des Umweltministeriums handelt.

Wir bitten Sie daher dringend, am 15. Dezember mit Ihrer Stimme das Gebiet HD/RNK-VRG02-W nicht als Vorrangfläche für die Errichtung von Windkraftanlagen auszuweisen.

Weitere Details zu den von BUND und NABU gemeinsam entwickelten Forderungen zur naturschutzfachlichen Konfliktvermeidung beim Ausbau der Windenergie können Sie dem Positionspapier „Naturverträglicher Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg“ vom November 2023, entnehmen, welches Sie unter diesem Link3 finden.

Alternativen zum Bau von Windkraftanlagen am Lammerskopf gibt es insbesondere im Osten der Region Rhein-Neckar. Dort gibt es zahlreiche windhöffige Flächen im Staats-, Kommunal- und Privatwald, die sich weder in einem FFH-Gebiet noch in einer A- oder B-Fläche des Fachbeitrages Artenschutz befinden. Eine interaktive Karte, die dies verdeutlicht, finden Sie unter folgendem Link4.

Für den Bereich rund um den Lammerskopf schlagen die Landesverbände von BUND und NABU vor, dort die von der Bundes- und Landesregierung vorgesehenen Artenhilfsprogramme zu realisieren. Ziel dieser Artenhilfsprogramme ist die Förderung und Sicherung windkraftsensibler Vogel- und Fledermauspopulationen in dafür besonders geeigneten Gebieten um Verluste bei diesen Arten, die mit dem beschleunigten Ausbau der Windenergie an anderer Stelle unweigerlich verbunden sind, auszugleichen. Leider ist von diesen Artenhilfsprogrammen bislang - außer Ankündigungen - sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene kaum etwas zu sehen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Artenhilfsprogramme bei der Ausweisung von Vorranggebieten im Regionalplan bereits mitzudenken und ökologisch besonders wertvolle Altwaldbereiche wie jene im Umfeld des Lammerskopfs freizuhalten. Die Flächen der Kategorie A und B des Fachplans Artenschutz sind für die Umsetzung der Artenhilfsprogramme die richtige Kulisse, insbesondere dann, wenn es sich zusätzlich um FFH- oder Vogelschutzgebiete handelt. Bitte haben Sie vor diesem Hintergrund dafür Verständnis, dass wir uns daher schützend vor diese Flächen stellen müssen.

Da Artenhilfsprogramme und Windenergie am gleichen Ort nicht zielführend sind, bitten wir Sie heute zunächst, bei der Verbandsversammlung mit Ihrer Stimme gegen die Ausweisung des Lammerskopfs (HD/RNK-VRG02-W) als Vorrangfläche für die Windenergie zu stimmen.

Wir sind uns bewusst, wie wichtig der Ausbau der erneuerbaren Energien ist. Gerne unterstützen wir daher die Ausweisung von Vorranggebieten an besser geeigneten Standorten in Ihrer Region.

 

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Pilarsky-Grosch
Landesvorsitzende des BUND
Baden-Württemberg

Johannes Enssle
Landesvorsitzender des NABU
Baden-Württemberg

___

1 FFH = Fauna-Flora-Habitat

2 Eigene Untersuchungen des BUND Steinachtal im Jahr 2023 haben das Vorkommen von mindestens 11 Fledermausarten am Lammerskopf nachgewiesen, davon 2 Sonderstatus-Arten i.S.d. Fachbeitrags Artenschutz für die Regionalplanung Windenergie vom Oktober 2022 sowie 7 direkt kollisionsgefährdete Arten.

3 Link-URL: https://www.dialogforum-energie-natur.de/windenergie/position-von-bund-und-nabu/

4 Link-URL: https://www.dialogforum-energie-natur.de/regionalplanung/ => Auswahl Region: Rhein-Neckar

Weiterführende Informationen